Das Prinzip Hoffnung ist beim Wasserstoff zu wenig

Es ist sehr zu begrüßen, dass endlich Erfahrungen mit Importen von Wasserstoff gesammelt werden sollen. Denn viel hängt an der Frage, zu welchen Kosten, aber auch zu welchen Umwelt- und Menschenrechtsstandards Wasserstoff auf einem noch zu schaffenden Weltmarkt erhältlich sein wird. Es ist aber wichtig, vor der bequemen Vision unbegrenzter Verfügbarkeit grüner Energie die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Wasserstoff gilt in der aktuellen Debatte als der Zauberstoff der Energiewende. Ob für CO2-freien Verkehr, klimaneutrale Industrie oder gleich als Alternativlösung für Erneuerbare Energien in unserer Heimat. An diesen überzogenen Erwartungen kann der Wasserstoff nur scheitern. Deshalb erweisen diese ungezügelten Lobeshymnen dem wichtigen Thema Wasserstoff einen Bärendienst. Das ist fatal, da er ein ganz wichtiger Baustein in der Energiewende der Zukunft sein wird.

Seit Monaten warten wir auf die nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung. Für die geforderte Vorreiterrolle brauchen wir jetzt ein schlüssiges Konzept. Beim vergangenen CDU-Parteitag konnten wir sehen, dass auch die Union das Thema Wasserstoff voranbringen will. Doch die Freude weilte kurz: Die Union will die Zukunftstechnologie Wasserstoff auf das Prinzip Hoffnung aufbauen.

Die Zukunft der deutschen Wasserstofftechnologie und die nationale Energiesicherheit sollen laut der Union allein durch den Import gelöst werden. Das ist nicht nur fahrlässig, sondern auch sehr naiv. Dass andere unsere Probleme für uns lösen, ist eine vage Hoffnung – mehr nicht. Besonders für die angestrebte Technologieführerschaft brauchen wir einen stabilen Heimatmarkt. Das Thema Wasserstoff ist ohne Erneuerbare Energien in Deutschland nicht zu haben. Die Windenergie trägt an Land den größten Anteil. Die großen Chancen von Wasserstoff verlangen nach mehr Windrädern in Deutschland, nicht weniger.

Der Vorschlag sieht die Produktion von Wasserstoff in den sonnigen Zonen Nordafrikas vor. Bisher ist weder die großtechnische Wasserstoffproduktion in der Wüste, noch die Bereitstellung von ausreichend sauberem Wasser vor Ort geklärt. Erst recht große Fragezeichen ergeben sich noch hinsichtlich des Transports von Wasserstoff über große Distanzen. Und da wird auch die Herstellung von Methan oder flüssigen Kraftstoffen nicht die Lösung sein: Um den Kohlenstoffkreislauf zu schließen, müsste das CO2 aus der Luft gewaschen werden; auch das ist im großen Maßstab noch nicht zu sinnvollen Kosten gelungen. Ich hoffe sehr, dass die Ingenieure dieser Welt noch eine richtig schlaue Lösung finden werden. Aber diese Hoffnung ist definitiv noch zu nebulös, als dass wir sie für unsere Versorgungssicherheit fest einplanen könnten. Bisher wird diese in Deutschland sehr, sehr ernst genommen. Zu recht. Diesen Anspruch dürfen wir beim Thema Wasserstoff nicht aufgeben. Wir brauchen verlässliche und bezahlbare Lösungen für unsere Energieversorgung und für die Erreichung der Klimaziele. Denn die Klimakrise findet hier, heute und jetzt statt!

Vieles spricht derzeit dafür, dass Wasserstoff auf Dauer knapp und teuer sein wird. Auf diesen Fall sollten wir eingestellt bleiben und Bezahlbarkeit sowie Versorgungssicherheit mit heimischer EE-Produktion stützen und absichern.

Hinzu kommt: Die Erneuerbaren Energien werden einer der wichtigsten Märkte weltweit. Die Kosten für Solarenergie liegen in manchen Regionen bei 2 Cent / kWh und für Windenergie unter 4 Cent /kWh. Die Erneuerbaren haben die teuren fossilen Energieträger längst abgehängt. Zum Vergleich: fossiler Strom aus neuen Kraftwerken kostet zwischen 7 und 11 Cent /kWh. Wollen wir wirklich tatenlos zusehen, wie sich diese Branche gerade am Vorabend des großen weltweiten Durchbruchs aus Deutschland verabschiedet, weil sie sich hier nicht mehr erwünscht fühlen kann?

In unserer Grünen Wasserstoffstrategie haben wir einen konkreten Vorschlag gemacht, wie Erfahrungen mit möglichen Importen von grünem Wasserstoff aus dem Ausland gesammelt werden können, ohne Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit aus der Hand zu geben. Über eine kleine Quote für grünes Kerosin werden echte Marktsignale gesetzt. Anders als die FDP setzen wir nicht auf Staatsgeld, sondern auf den Markt. So bekommen wir Erkenntnisse hinsichtlich der Auswirkungen auf Umwelt, Menschenrechte und die Kosten der Energieversorgung. Erst auf Grundlage dieser Erfahrungen kann eine Einschätzung getroffen werden, ob und in welchem Umfang grüner Wasserstoff aus dem Ausland einen Beitrag zur deutschen Energieversorgung liefern wird.

Das Prinzip Hoffnung reicht nicht, um die Klimakrise zu lösen. Anstatt auf Hilfe aus dem Ausland zu setzen, sollte die CDU endlich wirksame Maßnahmen hier bei uns vor Ort ergreifen, um die Erneuerbaren Energien wieder in Schwung zu bringen. Dazu gehört auch, die verheerenden bundesweiten Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu streichen. Die Klimakrise steht bereits vor der Tür. Die Bundesregierung muss endlich handeln.

Der Gastbeitrag ist am 03. Dezember bei Energate erschienen und kann hier eingesehen werden. (Text befindet sich ggf. hinter einer Paywall)