Bundeskurs der CDU schadet der Energiewende und Schleswig-Holstein
Äußerungen der Bundes-CDU zu Sonderausschreibungen – MdB Nestle: „Bundeskurs der CDU schadet der Energiewende und Schleswig-Holstein“
Berlin, 08.10.2018
Zu den Äußerungen von Vertretern der Bundes-CDU zu den geplanten Sonderausschreibungen für Erneuerbare Energien erklärt die Bundestagsabgeordnete für Schleswig-Holstein, Dr. Ingrid Nestle:
„Der heute veröffentlichte Bericht des Weltklimarates zeigt eindeutig: Es steht ökologisch als auch wirtschaftlich viel auf dem Spiel. Das gilt für Schleswig-Holstein in besonderem Maße. Bei einer Temperaturerhitzung von durchschnittlich 1,5-2 Grad könnte das Abschmelzen der polaren Eiskappen ausgelöst werden. Die Folge wäre ein Meeresspiegelanstieg von mehreren Metern. Schleswig-Holstein wäre als eines der ersten deutschen Bundesländern von den Konsequenzen betroffen. Die bisher vereinbarten Klimaschutzmaßnahmen reichen aber nicht einmal, um die Erhitzung bei 3 Grad zu stoppen. Wir brauchen jetzt keine Debatte um das genaue Ziel, sondern dringend mehr Maßnahmen.
Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverantwortlich, dass der CDU-Politiker Jens Köppen sogar die viel zu spät beschlossenen Sonderausschreibungen für erneuerbare Energien attackiert. Die Auftragsflaute in der der Windindustrie ist für das kommende Jahr sowieso nicht mehr zu verhindern. Der Erhalt von Arbeitsplätzen in Norddeutschland spielt für die Wirtschaftspolitiker offensichtlich keine Rolle. Außerdem reichen die zusätzlich ausgeschriebenen Mengen bei weitem nicht aus, um die Erneuerbaren Ziele aus dem Koalitionsvertrag auch tatsächlich zu erreichen.
Beim Verweis auf die Netze übersieht die Bundes-CDU dabei sowohl die Fortschritte beim Netzausbau in Schleswig-Holstein als auch die Pläne ihrer eigenen Regierung zur besseren Nutzung der Bestandsnetze. Auch der Fortschritt beim Seekabel Nordlink und der Atomausstieg 2022 scheinen ihnen zu entgehen. Ich empfehle, sich endlich wieder für die Zukunft zu interessieren, anstatt panisch die Lobbyinteressen der Vergangenheit zu verteidigen.
Deutschland hat seine Vorreiterrolle beim Klimaschutz schon lange verloren. Führende CDU-Politiker wollen offensichtlich die Rolle als Schlusslicht erkämpfen. Während sich führende Unionspolitiker aus Schleswig-Holstein öffentlich pro Energiewende positionieren, wird dieses Engagement von den Berliner Kollegen mit Füßen getreten. Dieser Bundeskurs der Union schadet der Energiewende und Schleswig-Holstein. Ich erwarte von den Energiewendebefürworten in der Union, dass sie parteiintern noch stärker für die Energiewende streiken.“
Hintergrund:
In der schwarz-roten Koalition eskaliert auf Parlamentsebene der Konflikt um die jüngst im Koalitionsausschuss bestätigten Sonderausschreibungen für erneuerbare Energien. Jens Koeppen, Mitglied im Wirtschafts- und Energieausschuss der Union sowie Obmann aller Berichterstatter, griff Ende vergangener Woche auf Twitter die Einigung an. Das Ergebnis sei „ein Witz“, er werde „diese Einseitigkeit nicht unterstützen“. Die Akzeptanzkriterien und die Aufnahmefähigkeit der Netze seien „völlig unter die Räder gekommen“. Das Vorgehen „artet immer mehr in Ideologie aus“, schrieb der CDU-Abgeordnete. Er bemängelte, dass im Koalitionsvertrag die Aufnahmefähigkeit der Netze zur Voraussetzung erklärt worden sei. Dies fehlt in der Umsetzungsvereinbarung von Anfang letzter Woche.
Koeppen stellt deswegen sogar den Fortbestand der Koalition infrage. „So wird es diese Koalition nicht mehr lange geben. Würde auch keinen Sinn ergeben, wenn dieses cherry picking weitergeht. Dann lieber sofort einen klaren Schnitt und alles auf Start. Das wäre ehrlich, alles andere ein totes Pferd.“ Der SPD-Abgeordnete Timon Gremmels, der bereits auf Twitter Koeppen mahnte, sich an der Vereinbarung zu halten, teilte auf Anfrage mit: „Ich erwarte von der Union jetzt, dass sie in Sachen Sonderausschreibungen für Wind und PV nicht weiter auf Zeit spielt.“ Die Einigung der Koalitionsspitzen habe der neue Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus mit ausgehandelt. „Koeppen und Co. sollten ihm jetzt folgen und nicht wegen dieser kleinen EEG-Novelle die Koalition in Frage stellen.“ (Hintergrund wortwörtlich übernommen aus: Tagesspiegel Background Energie und Klima, 08.10.2018)