Abgeordentenwort: Grünes Licht für die Mobilitätswende

Der folgende Gastbeitrag ist am 19. Oktober 2020 in den Elmshorner Nachrichten erschienen:

Reiht man das deutsche Straßennetz aneinander, erfasst es die Strecke von der Erde zum Mond und zurück. Kein anderes Land hat ein derartig weitläufig ausgebautes Straßennetz. Dennoch sind viele Menschen nicht ausreichend mobil. Das zeigt: Der Auto-zentrierte Ansatz ist überholt. Nicht jeder besitzt ein Auto, ist in der Lage zu fahren oder kann es sich finanziell leisten. Diese Menschen sollten dennoch mobil sein – bis in den ländlichen Raum. Gleichzeitig ist der Verkehrssektor für 20% der klimaschädlichen Emissionen in 2019 verantwortlich. Während andere Sektoren Erfolge bei der Verringerung der Treibhausgase vorweisen, glänzt das Verkehrsministerium mit Tatenlosigkeit. Es wird Zeit, dass sich hier etwas ändert.

Letzte Sitzungswoche haben wir im Bundestag über den Neubau von Straßen diskutiert. Immer wieder wurde in der Debatte „Infrastruktur“ mit „Straße“ gleichgesetzt. Ich kämpfe entschieden für den Ausbau von Infrastruktur – aber es kann nicht egal sein, welche Infrastruktur wir bauen. Einen Wiederaufbau der Berliner Mauer würden wir ja auch nicht als Beitrag zur Investitionsquote feiern.

Statt weiterer Autobahnkilometer, wollen wir neue Schienen und ein großflächig ausgebautes Fahrradnetz. Der tägliche Weg zur Schule, zur Arbeit oder die entspannte Fahrt am Wochenende soll auf sicheren und breiten Wegen möglich sein. Eigene Zonen an Kreuzungen, mehr Fahrradstraßen und verpflichtende Abbiegeassistenten für LKW sorgen für mehr Sicherheit in der Stadt. Dazu kommen mehr eigene Wege für Fahrräder und Fußgänger, mehr Fahrradparkplätze für Pendler*innen und finanzielle Unterstützung für Dienstfahrräder.

Statt täglich viel Zeit im Stau im Hamburger Randgebiet zu verschwenden, wollen wir ein attraktives ÖPNV-Angebot fördern. Alle 10 Minuten ab Elmshorn und Kiel nach Hamburg. Alle 30 Minuten aus dem ländlichen Raum. Und ausreichend Platz in den Zügen auch zu Stoßzeiten.

Statt weiterhin unsere Infrastruktur anhand Jahrzehnte alter Planungen zu gestalten, müssen wir diese an zukünftigen Bedürfnissen ausrichten. Dies schließt den aktuellen Bundesverkehrswegeplan mit ein. Nur Projekte, die die Erreichung der Pariser Klimaziele ermöglichen und die Lebensqualität der Menschen fördern, sollen gebaut werden.

Für den Klimaschutz und für Lebensqualität brauchen wir eine andere Verkehrspolitik. Zur Arbeit, zum Einkaufen, für Zeit mit Familie und Freunden. Die meisten Fahrten bleiben in der Region. Wer braucht da eine Verbindung zum Mond?