Rede zur Strom- und Gaspreisbremse

Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wir bringen heute das Gesetzespaket zur Gaspreisbremse und Strompreisbremse ein. Die Menschen
und Unternehmen in diesem Land können sich auf die
Ampel verlassen.

Putin hat diesen Kontinent und unser Land durch eine
Kombination von absichtlich in die Höhe getriebenen
Preisen für fossile Energien

und einer Desinformationskampagne, daran seien gar
nicht die Fossilen oder Putin schuld, sondern wahrscheinlich die Erneuerbaren oder der Klimaschutz, in eine sehr
schwierige Lage gebracht.

Ja, dass Sie vom ganz rechten Rand jetzt hier möppern, ist
sehr bezeichnend. Denn Sie sind diejenigen – und damit
sind Sie die Einzigen –, die Putins Desinformationskampagne sogar hier unterstützen Das fügt diesem Land wirklich schweren Schaden zu.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können die Folgen von Putins Angriff nicht ausradieren, aber wir können sie sehr wohl mildern.

Wir können dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft nicht
daran zerbricht, dass der oder die Einzelne nicht alleingelassen wird und unsere Wirtschaft stabilisiert wird. Ich
möchte mich ganz zuvorderst beim Wirtschafts- und
Energieministerium bedanken, dessen Mitarbeiter in
wirklich grandioser, sehr harter Arbeit diese Entwürfe
erarbeitet haben. Ich finde, sie enthalten eine ganze Reihe
sehr guter Aspekte.
Erstens. Die Entlastung kommt automatisch. Niemand
muss Anträge stellen. Niemand muss Formulare ausfüllen. Nein, das Geld kommt automatisch bei Ihnen zu
Hause an.
Zweitens. Wer Gas und Strom spart, spart auch weiterhin Geld. Ja, auch das ist wichtig. Denn damit wir mit
dem knappen Gas gut durch diesen und den nächsten
Winter kommen, ist es weiterhin wichtig, dass wir alle
gemeinsam aus Solidarität Gas und Strom sparen. Ich
sage es noch mal, weil es hier ständig falsch unterstellt
wird: Nicht die Leute mit wenig Geld müssen sparen,
weil sie kein Geld haben, sondern wir alle als Gesellschaft, auch gerade die Reichen, müssen aus Solidarität
Gas und Strom sparen.

Deswegen ist es richtig und wichtig, dass in diesem Entwurf dafür gesorgt wird, dass diejenigen, die das tun,
auch tatsächlich bares Geld behalten.

Drittens. Ich finde es sehr gut, dass mit diesem Gesetz
alle entlastet werden: Menschen, Unternehmen, Kommunen, und zwar ohne eine komplizierte Unterscheidung, wer zu welcher Gruppe gehört. Nein, wir gucken
lediglich: Was ist die Gruppe mit hohem Verbrauch, was
ist die mit niedrigem Verbrauch? Ich halte diesen Ansatz
für sehr intelligent und sehr effizient. Er sorgt für klare
Kommunikation und macht die Umsetzung in so kurzer
Zeit überhaupt erst möglich.
Wichtig ist uns auch, dass die Subvention bei den
Reichen besteuert wird, ja, dass besonders viel Geld bei
denen ankommt, die wenig davon haben, dass besonders
viel dort ankommt, wo es am dringendsten benötigt wird.

Wir werden uns darüber hinaus im parlamentarischen
Verfahren dafür einsetzen, dass auch die Unternehmen,
die sehr große Unterstützung bekommen, in dieser Zeit
keine Boni und Dividenden ausschütten dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Gesetzespaket
organisiert Solidarität. Dazu gehört auch, dass diejenigen,
die durch die hohen Energiepreise sehr hohe Gewinne
gemacht haben, ihren Beitrag leisten. In einem anderen
Gesetzentwurf, über den wir jetzt nicht hier diskutieren,
geht es um die Gewinne der Ölkonzerne. Hier und heute
geht es um die Gewinne im Strombereich.
Dort werden alle relevanten Stromerzeugungstechnologien abgeschöpft, bei denen es etwas abzuschöpfen
gibt. Ja, das sind nicht Gas und Steinkohle. Gas ist es
ganz evident deshalb nicht, weil wir wegen der Gaskraftwerke und des teuren Gases überhaupt dieses ganze Problem haben. Da ist nichts abzuschöpfen. Aber auch bei
der Steinkohle wäre sehr wenig zu holen. Und würden
wir dieses wenige holen, bestünde die ernste Gefahr, dass
tatsächlich wieder viel mehr Gaskraftwerke statt der
Kohlekraftwerke laufen, dass wir viel mehr Gas verbrauchen und dadurch in eine Mangellage rauschen. Das wäre
kritisch.
Es wird mitunter behauptet, wir würden am meisten
bei den Erneuerbaren holen.

Präsidentin Bärbel Bas
Nein, wir schöpfen nicht explizit bei den Erneuerbaren
ab. Wir schöpfen bei allen Stromerzeugungstechnologien
ab, wo es geht. Aber ja, die Erneuerbaren liefern tatsächlich am meisten, weil die Erneuerbaren den größten Anteil an der Stromversorgung stellen und weil sie bei Weitem am kostengünstigsten sind.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind zwei sehr gute
Nachrichten.

Sie zeigen auch, wie dringend wir die Erneuerbaren
brauchen für die Zukunft, für günstige Preise, für die
Versorgungssicherheit, für den Klimaschutz. Deswegen
legen wir großen Wert darauf, mit diesem Gesetzespaket
auch gute Bedingungen für Investitionen in die Erneuerbaren in der Zukunft zu schaffen. Hier wird nichts abgeschöpft. Wir haben gute Sicherheitsmargen festgelegt.
Das kann man vielleicht schon daran sehen, dass wir
von geschätzten 90 Milliarden Euro Zufallsgewinnen
20 Milliarden Euro abschöpfen. Ja, wir brauchen die Erneuerbaren. Wichtig ist vor allem, dass wir gute Investitionsbedingungen für die Zukunft schaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird auch manchmal gefragt: Warum gibt es zwei unterschiedliche Werte
für Braunkohle? – Das gucken wir uns an, genau wie die
Werte für Atom. Ich sage nur schon mal: Diejenigen, die
sich beschweren, dass andere mehr kriegen, können den
Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. Dann bekommen sie
auch den höheren Wert.

Ich komme zum Schluss. Dieses Gesetz kann nicht
perfekt sein. Würden wir auf das perfekte Gesetz warten,
würden wir gar nichts beschließen und die Menschen und
Unternehmen in diesem Land alleinlassen. Das Gesetz
kann nicht perfekt sein. Aber es macht diese Regierung
aus, dass sie trotzdem handelt, wo Handeln notwendig ist.
Das ist ein großes Glück für unser Land in dieser Zeit.
Putin hat sich das anders gedacht. Er hat gehofft, dass
unsere Demokratie schon in diesem Winter zusammenbricht. Aber die Menschen in diesem Land sind bereit für
Solidarität. Unser Land ist stark. Die Ampel ist bereit, die
notwendige Unterstützung zu organisieren.
Herzlichen Dank.