Steueroasen

Die Veröffentlichungen der Panama Papers im Januar 2016 und der Paradise Papers im November 2017 haben die öffentliche Aufmerksamkeit auf ein großes Gerechtigkeitsproblem unserer Zeit gerichtet.

Jährlich entziehen sich internationale Konzerne und Superreiche der Steuerverantwortung und verstecken ihr Geld in undurchsichtigen Briefkastenfirmen. Dabei gehen den betroffenen Ländern Milliardenbeträge verloren, die nicht der Allgemeinheit zu Gute kommen. So schätzt der französische Ökonom, Gabriel Zucman, dass alleine Deutschland jährlich 17 Milliarden Euro an Körperschaftssteuer entgehen.

Durch Steuerbetrug, Geldwäsche, Steuerdumping und aggressive Steuervermeidung werden sozio-ökonomische Unterschiede in unseren Gesellschaften vertieft und daraus resultierende Machtstrukturen verfestigt. Häufig sind es nämlich die finanziell Schwachen in unserer Gesellschaft, die unter fehlenden finanziellen Mitteln für Kitas und Schulen, einer schlecht ausgebauten Infrastruktur oder einer dürftigen Rente im Alter leiden. Doch genau diese Menschen sind es, die keine Lobby und somit keine Möglichkeit besitzen, gegen diese offensichtlichen Ungerechtigkeiten ihre Stimme zu erheben.

Neben finanziellen und sozialen Verwerfungen für die einzelne Nationalstaaten hat das Problem auch eine globale Dimension: Besonders Entwicklungsländer sind von Steuerhinterziehung und Steuerdumping betroffen. Länder und Personen, denen es ohnehin schlecht geht, verlieren weitere wichtige Einnahmen, während reiche Konzerne und wohlhabende Einzelpersonen weiter profitieren.

Nicht selten besteht nur ein schmaler Grat zwischen Steuervermeidung und kriminellen Machenschaften. Die Bundesregierung ist in den letzten Jahren weitestgehend untätig geblieben, wenn es darum ging, Steuerschlupflöcher zu schließen und Steuertricks zu verhindern.

Eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle, würde Unternehmen und deren Steuerberater*innen in die Pflicht nehmen, ihre Tricks gegenüber den Steuerbehörden offen zu legen. Ein öffentlich einsehbares „Country-by-Country-Reporting“, bei dem auch die Bürger*innen nachvollziehen können, wie hoch der Geschäftsanteil eines Konzerns im jeweiligen Land ausfällt, wurde bislang auf EU-Ebene auch von Deutschland blockiert.

Ebenso wichtig wie die Durchsetzung von Steuergerechtigkeit ist der Schutz der Informant*innen, welche die legalen aber zumeist nicht legitimen Steuerpraktiken aufdecken. Wir brauchen unverzüglich ein Whistleblowergesetz, welches vor Strafverfolgung schützt.

Zum Versagen der Bundesregierung gehört auch, dass Deutschland mit seiner Kombination aus Sicherheit und Diskretion ein attraktiver Ort für Steuerflüchtlinge aus anderen Ländern ist. Deutschland liegt im Schattenfinanzindex 2018 auf Platz 7. Finanzvermögen von Steuerausländer*innen werden in Deutschland nicht besteuert und auch nicht an die betreffenden Länder – zumeist Entwicklungsländer – gemeldet. Hier muss die Bundesregierung endlich Farbe bekennen. Deutschland darf nicht zum Steigbügelhalter für schmutziges Geld aus dem Ausland werden.

Die öffentliche Empörung kurz nach Veröffentlichung der Papiere ebbte schnell wieder ab. Die Bundesregierung wird den Steuersparer*innen aber nur dann den Kampf ansagen, wenn die Öffentlichkeit dauerhaft die Durchsetzung von Steuergerechtigkeit einfordert. Aus diesem Grund werde ich in meinem Regionalbüro in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen zum Thema Steuerdumping/Steuerhinterziehung anbieten. Das Thema darf nicht aus den Köpfen verschwinden. Egal, ob Altersarmut, Jugendarbeitslosigkeit, Pflege oder der Kampf gegen die Klimakrise. Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind zu groß, als dass Teile der Gesellschaft ihre Solidarität aufkündigen dürfen.

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